Alfred Böckl

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„Phantom“ mit Präzision

Alfred BöcklBeim 1. FC Nürnberg, dem nächstgelegenen FußballBundesligisten des Oberpfälzers, gibt es einen Spieler, den sie vor noch nicht allzu langer Zeit das Phantom nannten: Im ganzen Spiel hatte man kaum etwas von ihm gesehen, und doch schlug er mit schöner Regelmäßigkeit zu, um sich an die Spitze der Torjäger zu schießen. So ein bisschen erinnert auch Alfred Böckl an dieses Phantom: Kommt nur alle paar Monate mal zu einem hochkarätigen Turnier, gewinnt, und verschwindet zunächst wieder in der Versenkung seiner Weidener Heimat. Wobei es für beides gute Gründe gibt: für die Erfolge, wenn er auftaucht, und für die Pausen, wenn er abtaucht.

Um mit den Erfolgen zu beginnen: Seit 2005 ist der Linkshänder mehrfacher Deutscher und Europameister in der Halle und im Freien, sowohl im Einzel als auch im Doppel der Herren 55; aktuell wurde er in Seefeld auch Halleneuropameister im Einzel und Doppel der AK 60.

Dabei lebt Fred Böckl nicht gerade von der Härte seiner Schläge, und auch mit einem Bombenaufschlag kann er nicht dienen – wie auch bei nur 65 kg bei 1,78 cm Größe? Der Allround-Sportler hat einfach das richtige Gefühl für die Größe des Courts. Mit äußerster Präzision setzt Böckl seine Bälle, oft mit punktbringenden Volleys, ist sehr schnell auf den Beinen und zermürbt seine Gegner mit schöner Regelmäßigkeit. In Seefeld war es im Finale der Däne Kaspar Rud – als amtierender Europameister auch nicht gerade Laufkundschaft, und auch im Doppel hatte der Däne mit seinem Landsmann Frans Norby das Nachsehen gegen Böckl an der Seite von Xavier de Villepin.

Ohne Training in der Bezirksliga

Tennis spielen gelernt hat der noch 59-Jährige erst mit 16, 17 Jahren, als sein Mathelehrer in Tirschenreuth auf sein Talent aufmerksam wurde und ihn förderte. Kaum mal regelmäßig trainiert, ging es über die Stationen TC Tirschenreuth, Schwarz Rot Würzburg, Grün Rot Weiden und Postkeller Weiden vonder Bezirks- in die Oberliga. Im Seniorenbereich erst sorichtig mit dem Spaß, sich auf höherer Ebene zu messen, spielte der zweifache Vater und Großvater zuletzt bei den 55er-Herren des TC Johannesberg Düsseldorf, ab diesem Jahr nun verstärkt Böckl die 60er-Herren von Luitpoldpark München.

Äußerste Präzision ist auch bei der Turnierplanung notwendig. Denn Alfred Böckl ist Lehrer – seit 39 Jahren bereits unterrichtet er vorwiegend Sport an einer Weidener Hauptschule. Die meisten Turniere finden aber gerade außerhalb der Schulferien statt – wenn die Hotels nicht gerade durch Feriengäste blockiert sind, um es mal positiv auszudrücken. Zehn Tage Sonderurlaub gewährt ihm sein höchster Dienstherr für die Teilnahme an deutschen und internationalen Meisterschaften. Da bleiben praktisch nur die T1-Turniere, um seinen Ranglistenstatus zu erhalten: In der deutschen H60 ist er an Nr. 2, in der ITF als bester Deutscher an Nr. 3 platziert. Ganz schön hoch für einen Mann, der von sich selbst sagt, nur Hobbyspieler zu sein. Aber eben mit einer solchen Präzision, dass auch ehemalige Daviscup-Spieler schon mal auf der Strecke bleiben. Ein typischer Fall von Phantom eben …

Jörg-Ingo Peter